Die Eingewöhnung des Kindes

 

Für Kleinkinder können die ersten Tage in Kindertagesbetreuung zu traumatischen Erfahrungen werden, wenn sie plötzlich mehrere Stunden getrennt von ihren Eltern in einer für sie neuen Umgebung verbringen sollen, mit ihnen gänzlich unbekannten Erwachsenen und Kindern konfrontiert werden und mit Letzteren um Spielzeug und Aufmerksamkeit konkurrieren müssen. Deshalb wird heute in der Regel eine "sanfte" Eingewöhnung praktiziert.

Auf dieser Seite erfahren Sie, wie Sie Ihr Kind auf den Besuch einer Kindertageseinrichtung bzw. auf die Betreuung durch eine Tagespflegeperson vorbereiten können. Auch werden Sie informiert, wie idealerweise die Eingewöhnung Ihres Kindes abläuft.

Vorbereitung auf die Kindertagesbetreuung

In den Monaten vor Beginn der Tagesbetreuung sollten Eltern versuchen, Interesse und Vorfreude bei ihrem Kind zu wecken: "Bald wirst du in den Kindergarten kommen! Da kannst du mit vielen anderen Kindern spielen. Und da gibt es auch viel mehr Spielsachen als bei uns zu Hause!" – "Deine Tagesmutter ist eine wirklich liebe Person. Sie wird sicherlich ganz viel mit dir spielen!" Dabei können Eltern auf Bilderbücher zurückgreifen, die ihrem Kind einen ersten Eindruck vom Leben in einer Kindertageseinrichtung bzw. Tagespflegestelle und von dem dort üblichen Tagesablauf vermitteln.

Werden Schnuppertage oder Vorbesuche angeboten, können Eltern mit ihrem Kind bereits vor dem ersten Betreuungstag mehrere Stunden in der Kita verbringen. Sie können dann gemeinsam die Räumlichkeiten erkunden, Spielgeräte ausprobieren oder mit vorhandenen Materialien spielen. Auch lernt das Kind andere Kinder kennen, die entweder mit ihm zusammen aufgenommen werden oder die bereits in der Kindertageseinrichtung sind.

Gibt es diese Angebote nicht (wie in der Regel bei Tagespflegestellen), kann oft das Kind zur Anmeldung oder zum Aufnahmegespräch mitkommen und dann mit den Eltern die Kita (bzw. die Wohnung der Tagespflegeperson) besichtigen bzw. während des Gesprächs neue Spielmaterialien ausprobieren. Ansonsten empfiehlt es sich, gelegentlich bei der Kindertageseinrichtung vorbeizugehen – insbesondere bei schönem Wetter, wenn Kinder wahrscheinlich das Außengelände nutzen –, sodass das Kind vom Zaun aus den anderen Kindern bei ihren Aktivitäten zuschauen kann. Kommt man während der Abholzeit vorbei, kann das Kind beobachten, dass alle Kinder wieder von ihren Eltern abgeholt werden. Auf diese Weise werden die Erwartungen des Kindes geprägt, gewinnt es die Zuversicht, dass es sich in der Kindertagesstätte rundum wohl fühlen wird.

Je mehr Eltern mit ihrem Kind über die neue Situation reden, umso weniger Angst wird es vor ihr haben. Das trifft in der Regel aber nur dann zu, wenn Eltern selbst keine Vorbehalte haben! So bahnt sich hier ja die erste regelmäßige und längerfristige Trennung vom Kind an, und deshalb ist es nicht verwunderlich, wenn Eltern schon jetzt einen Trennungsschmerz verspüren oder sich Sorgen machen, dass ihr Kind vielleicht nicht mit der neuen Situation zurechtkommen oder beim Vergleich mit anderen Kindern schlecht abschneiden könnte. Kleinkinder haben "feine Antennen", und wenn sie Vorbehalte auf Seiten ihrer Eltern erspüren, werden auch sie unsicher und ängstlich.

Zudem erschweren Trennungsängste der Eltern oft die Eingewöhnung des Kindes – es wird sich dann beim Bringen verstärkt an den Elternteil klammern und mehr weinen. Natürlich sind solche Ängste und Vorbehalte nicht "falsch", aber sie sollten das Kind nicht auf der unbewussten Ebene belasten und dann von ihm während der Eingewöhnung ausagiert werden. Deshalb sollten Eltern sich ihrer eigenen Gefühle bewusst werden und diese z.B. im Gespräch miteinander abklären.

Die Eingewöhnung des Kindes

Zumeist erfahren Eltern beim Aufnahmegespräch, wie der Eingewöhnungsprozess seitens der Kindertageseinrichtung oder Tagespflegestelle gestaltet wird. In der Regel wird heute von ihnen erwartet, dass sie ihr Kind während der ersten Tage begleiten. Bei Babys und Kleinstkindern sind sie zunächst im Gruppenraum bzw. im Spielraum der Tagespflegestelle anwesend. Die Fachkraft bzw. Tagesmutter übernimmt in zunehmendem Maße die Versorgung (Füttern, Wickeln, Anziehen) und Betreuung des Kindes. Sie reagiert als erste auf dessen verbalen und nonverbalen Äußerungen; die Eltern greifen nur ein, wenn das Kind die fremde Erwachsene noch nicht akzeptiert.

Die Eltern sollten mit ihrem Kind weder spielen noch es anderweitig beschäftigen. Dies ist Aufgabe der Fachkräfte bzw. der Tagespflegeperson – und schließlich soll ja das Kind Kontakt zu den anderen Kindern aufnehmen und eine Beziehung zu den zunächst noch fremden Erwachsenen aufbauen. Dank der Anwesenheit der Eltern kann das Kind jederzeit in einen "sicheren Hafen" flüchten, wenn es ängstlich ist oder getröstet werden möchte. Dann sollten die Eltern es nicht drängen, wieder zu den anderen Kindern zu gehen. Wird der Stress nach zwei, drei Stunden für das Kind zu groß, gehen die Eltern mit ihm nach Hause.

Einige Tage später – und bei Kindern im Kindergartenalter oft vom ersten Tage an – bleiben die Eltern in einem Nebenraum, der manchmal als "Elterncafé" eingerichtet wird, oder halten sich in der Nähe der Einrichtung bzw. Tagespflegestelle auf. So können sie jederzeit herbeigerufen werden, wenn ihr Kind weint und sich nicht trösten lässt. In der Regel wird dies in den folgenden Tagen immer seltener der Fall sein, und so können die Eltern auch schon einmal einen längeren Spaziergang machen, Einkäufe erledigen und kurzzeitige Termine wahrnehmen. Schließlich sind sie ja dank Handy jederzeit erreichbar. Das Kind wird seine Eltern leichter gehen lassen, wenn es spürt, dass sie Vertrauen in die Fachkraft bzw. Tagespflegeperson haben und ihm signalisieren: "Hier kannst du ruhig zurückbleiben".

So wird der Zeitraum sukzessive vergrößert, in dem das Kind allein in der Gruppe bzw. Tagespflegestelle ist, bis schließlich die vereinbarte Betreuungsdauer erreicht wird. Die Eingewöhnung ist abgeschlossen, wenn das Kind so viel Vertrauen in die Fachkräfte bzw. in die Tagespflegeperson entwickelt hat, dass es sich trösten lässt. Es mag dann wohl noch häufiger gegen den Weggang seiner Eltern protestieren und dabei auch weinen. Eltern müssen sich aber keine Sorgen machen, wenn die Fachkraft bzw. Tagespflegeperson berichtet, dass es sich dann aber schnell beruhigen lässt und sich gut gelaunt den anderen Kindern zuwendet und an den angebotenen Aktivitäten teilnimmt. Keinesfalls sollte die Trennung herausgezögert werden, sondern die Verabschiedung sollte möglichst kurz (aber herzlich) ausfallen. Hilfreich sind feste Abschieds- und Wiedersehensrituale.

Viele Kinder verkraften eine Trennung leichter, wenn sie einen vertrauten Gegenstand von Zuhause dabei haben. Dies kann z.B. ein Kuscheltier oder eine alte Stoffwindel sein. So bleiben die Kinder in der neuen Situation gewissermaßen in Verbindung mit dem Sicherheit spendenden Daheim. Manche Fachkräfte oder Tagespflegepersonen erleichtern die Trennung, indem sie Fotos von der Familie des Kindes aufhängen oder ein Fotobuch anlegen. So kann sich das Kind zumindest die Bilder ansehen, wenn es Sehnsucht nach seinen Eltern hat. In manchen Kindertageseinrichtungen werden ältere Kinder als Paten für die Neuankömmlinge eingesetzt. Sie kümmern sich dann intensiv um das ihnen anvertraute Kind, zeigen ihm die Räume und Spielsachen, begleiten es zur Toilette oder sitzen beim zweiten Frühstück oder beim Mittagessen neben ihm.

Wie lange die Eingewöhnungszeit dauert, ist von Kind zu Kind verschieden (und natürlich auch von dessen Alter abhängig). Einige Kinder können schon nach fünf, sechs Tagen alleine in der Kindertageseinrichtung oder Tagespflegestelle für die gesamte Dauer der Betreuungszeit bleiben. Sie zeigen dies auch deutlich, indem sie versuchen, selbst mit Belastungssituationen fertig zu werden, selten nach ihren Eltern verlangen oder sich sogar gegen ein Aufnehmen oder Körperkontakt wehren. Ältere Kleinkinder sagen gelegentlich sogar schon am zweiten Tag: "Mama, du kannst jetzt gehen!" Dies gilt insbesondere für Kinder, die bereits häufiger von ihren Eltern getrennt waren (z.B. bei Großeltern übernachteten), die Erfahrungen in einer (Krabbel-, Mutter-Kind-) Gruppe gesammelt haben oder ein Kind in der Gruppe von anderen Situationen her gut kennen. Insbesondere unter Dreijährige, die bei Anwesenheit der Eltern immer wieder deren Blick suchen, die schon beim Herausgehen ihrer Eltern oder kurze Zeit später weinen, benötigen hingegen oft zwei bis drei Wochen für die Eingewöhnung. Der Elternteil, der bisher die Erziehung des Kindes übernommen hatte und nun wieder erwerbstätig werden möchte, sollte seine Stelle also möglichst erst drei Wochen nach Aufnahme des Kindes in die Tagesbetreuung antreten.